Projektleitung: Thomas Weitin (TU Darmstadt), Ulrik Brandes (ETH Zürich)
Förderung im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Computational Literary Studies“ (2020-2023) und die Swiss National Science Foundation.
In den letzten 15 Jahren hat die Literaturwissenschaft enorm von den neuen Methoden der Digital Humanities profitiert. Diese Entwicklung bringt allerdings auch Skepsis mit sich, welche sich besonders auf dem scheinbaren Gegensatz von kritischer Reflexion und statistischer Analyse bezieht.
Entgegen diesen Bedenken ist aber die Entwicklung der digitalen Literaturwissenschaft äußerst produktiv, da ihre Anwendung Ergebnisse schafft, die nicht nur bereits bestehende Hypothesen unterstützen, sondern neue Erkenntnisse über unsere Arbeit und unsere Fragen ermöglichen. Wir wollen durch die Entwicklung netzwerkbasierter Analysemethoden dazu beitragen, Aussagen über umfangreiche unsichtbare, also dekanonisierte, Literaturen (Franco Moretti’s „great unread“) zu ermöglichen. Hierzu wird ein Korpus aus deutsch- und englischsprachiger Literatur des 18. Jahrhunderts und der Goethezeit im Speziellen untersucht. Die mehr als 400 ausgewählten Romane und Erzählungen liegen in digitalisierter Form vor und stehen exemplarisch für die großen Textmassen die sich den einzelnen Leserinnen und Leser entziehen und schließlich vergessen werden.
Das wesentliche Forschungsinteresse besteht an der automatisierten Abgrenzung von Texten sowie der wechselnden Bedeutung einzelner Texte in Textsammlungen, die nach verschiedenen Kriterien ausgewählt werden. Insbesondere sind wir am Einfluss der Zusammenstellung literaturwissenschaftlicher Korpora auf die Positionen weiblicher Autorinnen interessiert. Dazu sollen geeignete Merkmale identifiziert und Gruppierungsmethoden entwickelt werden, die Netzwerkrepräsentationen verwenden und dabei über den Vergleich von Häufigkeiten und gemeinsamem Auftreten von Wörtern hinaus gehen. So sollen Netzwerkmodelle verschiedener Datentypen (z.B. stilometrischer oder semantischer Daten) entwickelt werden, welche die Literaturgeschichte anhand von Gruppierungsprozessen nachvollzieht.